13. Junges Theater Lünen DIGITAL

Die besondere Situation der Pandemie veranlasste uns zur der Entscheidung, dass 13. JTL digital durchzuführen. Das bedingte einen besonders intensiven Kontakt der Organisator*innen und Festivalmacher mit den Gruppen schon im Vorfeld. 

Hier Florian Klapetz bei Dreharbeiten im "Gymnasium Lünen-Altlünen". Foto: Susanne Hocke

Um auch technisch gut gerüstet zu sein, gab es intensive Zoom- Generalproben für die einzelnen Beiträge. Oben ein Screenshot "Forever Young" mit dem Jugendclub des Fördervereins.

Daumen hoch für den Start des 13. "Festival Junges Theater Lünen"! Eröffnung am 7. Juni mit:

Oben von links nach rechts: Susanne Hocke (Festivalleitung), Florian Klapetz (Kamera und Technik), Jan N. Schmitt (Organisation), in der Mitte: Der Literaturkurs des Gymnasiums Lünen-Altlünen, Jürgen Larys (1. Vorsitzender Förderverein Theater Lünen e.V.), Die Szenenzeiger aus Hamm; unten links Horst Müller-Baß (Beigeordneter und Kulturdezernent der Stadt Lünen), Volker Krieger (Leiter der Filmgruppe der Käthe-Kollwitz-Gesamtschule Lünen)

 

Bereits der einleitende Kurzfilm der Filmgruppe der Käthe-Kollwitz-Gesamtschule unter der Leitung von Volker Krieger thematisierte humorvoll die Schwierigkeiten, zu Coronazeiten miteinander ins Spiel zu kommen.

 

Anschließend starteten Jan-Peter Lüffes „Szenenzeiger“ aus Hamm den Hauptteil des Festivals. Ihr vom Festivalfilmer Florian Klapetz mit Handkamera fast ohne Schnitte eingefangenens modernes Mysterienspiel „Bekehrt?“ schilderte eindringlich die Situation einer jungen Frau, die schon früh auf die Abwege der Kriminalität geraten ist. Eindringlich warf die Gruppe Fragen von Schuld und Gewissen auf und ließ die Frage offen, ob eine „Bekehrung“ und Wiedereingliederung in die Gesellschaft möglich ist. Das Mittel dazu zumindest war im Film zu sehen: Sich in die Rolle der Opfer durch (schauspielerische) Einfühlung zu begeben – ein großartiger Hinweis darauf, wie eng Theater und Therapie miteinander verbunden sein können.

 

Ganz im Zeichen der Pandemie stand die in der Aula der Schule gefilmte Produktion des Literaturkurses des Gymnasiums Lünen-Altlünen, die Schulleiter Reiner Hohl unter seiner Regie hatte.  „A little party never killed nobody“ zeigt die ganze Palette des Umgangs mit der im Stück zwar mit einer Chiffre gekennzeichneten, aber doch deutlich lesbaren Ausbreitung eines tödlichen Virus. Einige wollen sich trotzdem den Party-Spaß nicht verbieten lassen, bis es nach einer Ansteckung zu einem Todesfall kommt. Spätestens bei der Bestattung der verstorbenen Mitschülerin hat es jeden erreicht: Der Aluhut wird abgelegt. Am Ende öffnet sich auch hier die Perspektive zu fast überpersönlichen Themen: Wie geht man – und sei es im Jenseits – mit der „Schuld“ um, selbst jemanden angesteckt zu haben? „Es ist wie es ist. Lebe Dein Leben“ ist die Antwort, die dennoch den Ernst des zuvor eindringlich und ausdrucksstark Gezeigten keineswegs aufhebt.

 

Der Jugendclub des Fördervereins Theater Lünen e.V.  unter der Spielleitung von Susanne Hocke läutete mit einer digitalen Lesung von  "Forever Young" den zweiten Festivaltag ein. Anna (Mitte), die stark lebensverkürzend erkrankt ist, will ihrem Leben selbstbestimmt ein Ende machen, trinkt dann aber ein mysteriöses Elixier, das sie und mit ihr all ihre Freundinnen auf eine merkwürdige Reise quer durch Zeiten und Räume katapultiert. Sie landet schließlich auf einem Planeten, auf dem ein merkwürdig durchgeknallter ehemaliger Astrophysiker wie ein Gott von merkwürdig seelenlosen Wesen verehrt wird... Eine Parabel über die Sehnsucht nach Unsterblichkeit und einem besseren Leben, die in der überraschenden Erkenntnis mündete, dass wir vielleicht doch in der besten aller Welten leben... Ein spannendes Experiment, das u.a. mit dem An- und Ausmachen der Bilder arbeitete und damit dramaturgische und szenische Effekte erzielte.

 

Neu beim Festival waren die "Filous" aus Beckum. Ihr Filmprojekt "Buchzeiten" unter der Leitung von Tobias Winopall zeigt fünf Frauen aus fünf verschiedenen Zeiten, deren Referenzpunkt ein gemeinsames Lieblings-Cafè ist... Erst am Ende stellt sich heraus, dass sie alle gemeinsam in einem Buch vorkommen, das mit wiederum anderen Büchern Teil eines Theaterabends ist, der noch auf seine Premiere wartet... Ein hochinteressantes, dabei vielfältig literarisch inspiriertes Projekt mit fünf begabten und sympathischen jungen Damen, die wir gerne auch in den kommenden Jahren beim Festival wiedersehen möchten!

 

Langjähriger treuer Gast beim JTL ist das "Freie Theater Team Lünen" unter der Leitung von Marie Hirschberg. "Schattenkuss" führte die Zuschauer auf die dunkle Seite der Existenz, wo Schattenwesen unter einem Fürsten der Finsternis ihr Unwesen treiben. Eine junge Frau, angelockt von einer "Figur" in einem Gemälde, der bereits ähnliches widerfahren ist, droht in die Fänge dieses Schattenkönigs zu geraten - wäre da nicht ein heldenhafter Polizist, der als potenzieller Retter erscheint... Ein Abend, der als Schwarzlicht-Theater geplant war, mit Effekten von Licht und Schatten spielt und daher konsequent und eindrücklich als Live-Hörspiel mit dunklen Kacheln gelesen wurde... Die Gruppe hofft, das Stück im nächsten Jahr endlich auf die analoge Bühne bringen zu können. Wir auch!

 

Besonders rege war diesmal das Nachgespräch, bei dem die Mitglieder gleich dreier Theatergruppen miteinander ins Gespräch kamen. Auch die Zuschauer*innen beteiligten sich über den Chat und spendeten viel Lob für die Akteure und für das gelungene digitale Format.

 

Dass Schüler*innen die ganz großen Themen bewegen, wurde schon an den ersten beiden Tagen des diesmal digitalen „Festival Junges Theater“ deutlich. Zum krönenden Abschluss am Freitag gab es zwei Produktionen, die unterschiedlicher nicht hätten sein können: Eine zuletzt filmische Umsetzung des mystischen persischen Epos „Die Konferenz der Vögel“ des „Darstellen und Gestalten Kurses“ der Käthe-Kollwitz-Gesamtschule (hier oben im Bild) unter der Leitung von Susanne Linn, unter kräftiger Mithilfe des Filmspezialisten der Schule, Volker Krieger – und ein selbstgeschriebenes Stück der „Theater-Steinis“ des Freiherr-vom-Stein Gymnasiums Lünen unter der Leitung der Autorinnen Paula Hess und Emily Platte, unterstützt von Julia Hormann. Und doch ging es in beiden Fällen um dieselben zentralen Fragen: Was ist wichtig im Leben? Wofür kämpfe ich, und was bin ich bereit, dafür zu tun, auch zu opfern, damit es Wirklichkeit wird? 

 

Von der „großen Welt“, die sich in misslicher Lage befindet, handelt die „Konferenz der Vögel“. Eine Gruppe von Vögeln sucht nach Rat zu Verbesserungen und macht sich auf zum mythischen Simurgh, dem König der Vögel. Am Ende wird deutlich, dass die Verwirklichung unserer Träume in uns selbst liegt, dass wir selbst sind, was wir suchen. Dass Selbstwerdung aber nicht gelingen kann, ohne sich um die Welt da draußen zu kümmern, wurde in der poetischen, innovativen und klugen Umsetzung der Gruppe nur allzu deutlich: Umweltzerstörung, Ungerechtigkeit und Unfrieden beherrschen den Planeten, und alle sind aufgefordert, etwas dagegen zu tun. Die Gruppe fand aufregende Bilder im Verschnitt zwischen theatralen und filmischen Mitteln – ein ganz großer Wurf, der es verdient, über das Festival hinaus in die aktuelle gesellschaftliche Diskussion zu strahlen.

 

„Open Doors“ der Theater-Steinis trägt sein Thema schon im Titel: Es gibt ständig Türen, durch die wir gehen können, was aber immer Entscheidungen von uns fordert. Oft, so die Autorinnen, verfallen wir dabei in ein entweder-oder und übersehen weitere Alternativen oder auch ein mögliches sowohl-als-auch. Konkret geht es in der in Ausschnitten live gelesenen Geschichte um ein Ehepaar, das zwei Töchter kurz vor und nach der Schwelle des Erwachsenseins hat. Während sich Rieke zwischen erster Liebe, Gruppenzugehörigkeit und Loyalität zu einer Freundin, die als Außenseiterin gilt, hin- und hergeworfen sieht, kündigt ihre ältere Schwester Hannah ihren Job, weil sie merkt, dass er ihr so ganz und gar nicht entspricht. All dies stößt vor allem beim Vater der Familie auf wachsendes Unverständnis, denn für ihn zählen nur Leistung und Prestige. Er wirft seiner Frau schließlich vor, weder Haus noch Kinder im Griff zu haben – ein „klassisches“ Geschlechterverhältnis, von dem man doch hoffte, es möge sich im Jahr 2021 verabschiedet haben… Die vier Spielerinnen lasen temperamentvoll, einfühlsam und klug und warfen so viele Fragen auf, dass es genügend Zündstoff für eine angeregte anschließende Diskussion gab. 

 

„Großartig“, und: „Das macht Lust auf mehr! Sollte es zur Aufführung kommen, ich werde im Theater sein“ – so waren die Reaktionen im Chat seitens eines sichtlich berührten und begeisterten Publikum. Abschließend bekräftigten die Macher des Festivals rund um Susanne Hocke und Jan Schmitt die Hoffnung, soviel Einfallsreichtum und Vielfalt der Ausdrucksformen möge sich auch in das kommende Festival übertragen, das 2022 hoffentlich wieder analog im Heinz-Hilpert-Theater stattfinden kann.

 

Kein Festival ohne kompetente Leitung: Susanne Hocke und Jan N. Schmitt, hier in prä-COVID-Zeiten auf der Zuschauertreppe des Heinz-Hilpert-Theaters.

 

Besonders wichtig in diesem Jahr: Florian Klapetz, der für Kamera, Schnitt und technische Betreuung zuständig war.

 

Broschüre und Postkarte wurden digital von Anja Klukas erstellt.

 

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